Den Koalitionsvertrag im Bund zwischen CDU/CSU und SPD kommentieren die Sprecher*innen des Kreisverbands der GRÜNEN in Münster folgendermaßen.
Jörg Rostek, Co-Sprecher des GRÜNEN Kreisverbandes: “Der Koalitionsvertrag ist klimapolitisch mutlos, migrationspolitisch autoritär, sozialpolitisch unterkühlt und verkehrspolitisch rückwärtsgewandt. So kann man die Herausforderungen der Zukunft nicht angehen und bewältigen schon gar nicht.”
BirgitWolters, Co-Sprecherin im GRÜNEN Kreisverband fügt hinzu: “Ich bin gespannt, wie der vielbeschworene “neue Politikstil” in der Bevölkerung ankommen wird. Ja, die Ampelstreitigkeiten gingen vielen Menschen gehörig auf den Keks, aber Streit gehört nunmal zur Demokratie, wie Wahlen und Mitbestimmung. Stattdessen werden wir nun vermutlich alle viel Belehrung von älteren Herren über rückwärtsgewandte Ideen ertragen müssen. Wir GRÜNE werden jedenfalls wachsam sein.”
Detailkritik
Mit Sätzen wie „Klimaschutz darf die wirtschaftliche Entwicklung nicht gefährden” offenbare die Koalition eine Reihe von Denkfehlern, die schließlich dafür sorgten, dass der Koalitionsvertrag in vielen Bereichen einer wirtschaftszentrierten Logik folge, bei der ökologische und soziale Anliegen nachgeordnet oder nur unter wirtschaftlichem Vorbehalt berücksichtigt würden. Aus GRÜNER Sicht wäre stattdessen ein Politikansatz nötig, der ökologische Belastungsgrenzen und soziale Gerechtigkeit ins Zentrum stellt – nicht Wirtschaftswachstum um jeden Preis.
Was fehlt…
1. Klima und Verkehr: Die GRÜNEN kritisieren nicht nur die geplante Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes („Heizungsgesetz“) als klimapolitischen Rückschritt; es fehlten ebenso verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien und konkrete Maßnahmen zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens. Der Koalitionsvertrag setze außerdem leider weiterhin auf den Ausbau von Straßeninfrastruktur, während ambitionierte Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs ausblieben. Das alles unterstreiche, wie wichtig das Verhandlungsgeschick der GRÜNEN Bundestagsfraktion gewesen sei, mit dem sie 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz in Deutschland möglich gemacht habe.
2. Landwirtschaft: Es fehlt ein konkreter Plan zur Förderung ökologischer Landwirtschaft und zum Schutz der Biodiversität. Die Fortführung der industriellen Landwirtschaft werde, so die GRÜNEN, nicht hinterfragt, wodurch Chancen für nachhaltige Veränderungen ungenutzt blieben.
3. Finanzen: Ursprünglich hatte die SPD Steuererhöhungen auf Erbschaften, Vermögen und Kapitalerträge vorgeschlagen, um soziale Ungleichheiten zu verringern. Diese Vorschläge wurden jedoch im Koalitionsvertrag nicht berücksichtigt, was aus Sicht der GRÜNEN in Münster als verpasste Chance für mehr Steuergerechtigkeit gelten kann.
4. Soziales: Der Koalitionsvertrag sieht eine Reform des Bürgergeldes vor, die unter anderem eine Verschärfung der Mitwirkungspflichten und eine stärkere Sanktionierung bei Pflichtverletzungen beinhaltet. Dies werden zu einer Verschärfung der Lebenssituation der Leistungsbezieher*innen und von deren Kindern führen und werde deshalb von sozialen Organisationen zu recht kritisch gesehen. Und obwohl die SPD ursprünglich eine umfassende Kindergrundsicherung forderte, fehlt im Koalitionsvertrag eine konkrete Umsetzung dieses Vorhabens. So könne man, so die GRÜNEN die Kinderarmut in Deutschland nicht effektiv bekämpfen.
4. Asyl/Zuwanderung: Der Koalitionsvertrag sieht eine Verschärfung der Migrationspolitik vor, einschließlich strengerer Grenzkontrollen, der Abschaffung beschleunigter Einbürgerungsverfahren und der Ausweitung der Liste der “sicheren Herkunftsstaaten”. Insbesondere die Aussetzung des Familiennachzugs wird von den GRÜNEN in Münster äußerst kritisch gesehen, weil es fundamentalen humanistischen Werten entgegensteht. Auch hier teilen die GRÜNEN die großen Bedenken und den Protest von Menschenrechtsorganisationen, die diese Maßnahmen als Rückschritt in der Integrationspolitik werten.