Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
in der Sitzung am 18.10.2017 hat die Verwaltung dem Rat der Stadt Münster einen „Sachstandsbericht Konversion“ (Vorlage V/0895/2017)  vorgelegt.
Dem Sachstandbericht war zu entnehmen, dass das Land NRW seine Absicht konkretisiert und bekräftigt hat, in allen Regierungsbezirken des Landes NRW eine Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) einzurichten. Grundlage der Einrichtung von Zentralen Ausländerbehörden ist unserer Kenntnis nach die Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen vom 04. April 2017 (ZustAVO). Der Verordnung ist im § 1 Abs. 3 zu entnehmen, dass gegenwärtig „die Ordnungsbehörden der Stadt Bielefeld, Dortmund und Köln als Zentrale Ausländerbehörden (ZAB) im Rahmen der ihnen gesondert übertragenen Aufgaben“ zuständig sind. Nach § 13 Abs. 2 der Verordnung ist gegenwärtig die Zentrale Ausländerbehörde der Stadt Bielefeld für „alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Detmold und alle Ausländerbehörden im Regierungsbezirk Münster außer den Ausländerbehörden der Städte Bottrop und Gelsenkirchen und des Kreises Recklinghausen“ zuständig. D.h. auch für das Gebiet der Stadt Münster.
Der Wortlaut der Verordnung hat in unserer Partei grundlegende Fragen ausgelöst. Vor allem ergibt sich aus der Verordnung nicht die jetzt öffentlich gemachte Absicht, auch in Münster eine ZAB anzusiedeln. Weitere Fragen schließen sich an (siehe Anlage). Wegen der unklaren Situation hatten die Ratsfraktion Sie schon vor der Ratssitzung gebeten, einen runden Tisch einzuberufen, um über offene Fragen sich mit allen Fraktionen auszutauschen. Als Arbeitsgrundlage für den runden Tisch können u.a. die in der Anlage zusammengestellten Fragen dienen.
Unabhängig davon und grundsätzlich möchten wir Ihnen jedoch mitteilen, dass wir GRÜNEN auf der gegenwärtigen Erkenntnislage nicht dafür sind, in Münster eine Zentrale Ausländerbehörde in Münster anzusiedeln.
Auf einer Parteiveranstaltung zu diesem Thema ist sehr deutlich geworden, dass unsere Mitglieder wie auch uns nahestehenden Gruppen aus fest verankerten grundsätzlichen Überzeugungen heraus eine ZAB in Münster ablehnen. Um es klar zu sagen, die alte rot-grüne Regierung hat das Instrument ZAB mit dem Grund schneller und effektiver abzuschieben eingesetzt. Unserer Meinung nach greift dies in das grundsätzliche Verständnis der sauberen, objektiven Einzelfallüberprüfung ein. Wir halten die Installation von Behörden wie der ZAB für falsch.
Die Aufgaben, die von einer Zentralen Ausländerbehörde nach der Verordnung wahrzunehmen sind, stehen aus unserer Sicht zudem in einem völligen Gegensatz zu unserem grundsätzlichen politischen Verständnis und Handeln und auch im Gegensatz zu dem Handeln des Rates der Stadt der letzten Jahre.
Zentrale Ausländerbehörden in ihrer aktuellen Konstruktion sind demgegenüber reine Abschiebeinstanzen, die lediglich auf Grund von Aktenlage beschleunigte Ausweisungen auf den Weg bringen sollen, ohne Anhörung der Betroffenen. Das hat nichts mehr gemein mit der Praxis unserer kommunalen Ausländerbehörde, die die betroffenen Menschen und Familien kennt und in der Regel schon länger betreut. Das verschafft ihr die Möglichkeit, bei den einzelnen Fällen sorgfältig zu prüfen, ob Abschiebehindernisse übersehen wurden oder neue inzwischen entstanden sind. Auch wird in diesen Fällen den Betroffenen eine vernünftige Verfahrensberatung auch in Kooperation mit NGOs ermöglicht. Dieser sorgfältige und verantwortungsvolle Umgang war bisher Münster-Standard, den wir gesichert wissen wollen. Die Einrichtung ZAB in der gültigen Konfiguration lehnen wir GRÜNEN daher grundsätzlich als inhuman ab!
Wir haben uns hier in Münster bis dato GEMEINSAM für eine starke, solidarische Stadtgesellschaft eingesetzt, verbunden mit einer großen Willkommens- und Integrationskultur. Zuletzt hat der Rat der Stadt Münster Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, mit großer Mehrheit aufgefordert, in den Gremien des Deutschen Städtetags dafür zu werben, dass der Städtetag seinen Einfluss in Bund und Ländern dazu nutzt, dass Abschiebungen nach Afghanistan zu verhindert und auch bereits negativ beschiedene Asylbewerbern einstweilen von Abschiebungen verschont bleiben.(Vorlage V/0806/2017). Ebenso begrüßter der Rat, dass das von der Bundesregierung beschlossene Moratorium, also die vorübergehende Aussetzung von Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge über Asylbegehren aus Afghanistan geflüchteter Personen während der Überprüfung der Sicherheitslage in diesem Land vorübergehend ausgesetzt werden.
Auf der Grundlage unseres gemeinsamen Handelns in den letzten Jahren sehen wir bislang keine Argumente, die für eine Ansiedlung einer ZAB in Münster sprechen.
Hieraus resultiert aus der Partei heraus die klare Erwartung an unsere Fraktion im Rat, dass sie nicht so ohne weiteres der Einrichtung einer ZAB zustimmt.
Vor Festlegungen in der Sache sollten wir zunächst die Beratungen im Landtag abwarten und für Münster schon jetzt nach Alternativlösungen suchen. Wir sollten dem Land NRW deutlich machen, dass wir als Stadt kein Interesse haben, unsere bisherige humane und erfolgreiche Politik für Flüchtlinge durch eine Abschiebebehörde auf unserem Stadtgebiet zu torpedieren.
Besten Dank im Voraus für Ihr Verständnis und Ihre Bemühungen.
 
Für den Vorstand
Julia Delvenne
Vorstandsprecherin