Weiterentwicklung und Verbesserung der häuslichen Pflege in Münster

Hier: Hilfen für Demenzkranke und ihre Angehörigen

Der Rat möge beschließen:1. Zur Weiterentwicklung der kommunalen Alten- und Pflegepolitik erarbeitet die Verwaltung unter Einbeziehung bereits bestehende Angebote ein Konzept zur Verbesserung der Betreuungs-, Unterstützung- und Pflegeangebote zur Unterstützung der häuslichen und ambulanten Pflege. Schwerpunkte sollen liegen beia) Angeboten für Demenzerkrankte und deren Angehörigeb) der Schaffung kleiner sozialer Netzwerkec) der Weiterentwicklung von Angeboten in der Übergangspflege2. Folgende Eckpunkte sollen bei diesem Gesamtkonzept mit einbezogen werden:

  • Die Angebote sollen grundsätzlich auf die Wünsche, Bedürfnisse und Kompetenzen der Angehörigen und Erkrankten ausgerichtet sein. Sie sollen :
  • für pflegende Angehörige und Erkrankte zielgruppenorientiert sein;
  • Angehörige wirkungsvoll entlasten und in ihrer Selbstpflege unterstützen;
  • für Erkrankte an den vorhandenen Fähigkeiten ansetzen;
  • Lücken in der ambulanten Versorgung aufgreifen;
  • eingebettet sein in ein Netzwerk unterschiedlicher Hilfen;
  • unterschiedliche Zugangswege ermöglichen;
  • fachlich qualifiziert sein;
  • vielfältige Formen der Zusammenarbeit fördern.

Alle Angebote orientieren sich somit an den Leitlinien für Angebote zur Beratung und Unterstützung von Demenzkranken und ihren Angehörigen wie sie von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Alten- und Angehörigenberatung e.V. entwickelt wurden.Zudem sollen Überlegungen zur Weiterentwicklung und Ausbauder Angebote der geriatrischen Rehabilitation sowieUnterstützung der Selbsthilfeinitiativen und Ausbau der Beteiligungsformen

einbezogen werden.Die Bandbreite der Unterstützungsangebote umfasst verlässliche Strukturen für die Tagespflege und Kurzzeitpflege, sowie auch kleinere Maßnahmen wie „Stundenweise kurzfristig abrufbare Hilfen, Betreuungsgruppen, Entlastungstage und ehrenamtliche Unterstützungsdienste, niedrigschwellige offene Angebote wie Angehörigen-Cafes oder – gesprächsgruppen.Die Betreuungsangebote sollen wo möglich stadtteilorientiert bzw. wohnquartiersbezogen entwickelt bzw. ausgebaut werden.3. Die Förderung der Mobilen Alten- und Behindertenhilfe e.V. wird weiter fortgesetzt. Darüber hinaus gilt es auch für andere Stadtteile eine Angebots- und Strukturentwicklung voranzubringen. Hierbei sollen die Konzepte und Erfahrungen aus dem Modellprojekt Psychosoziale Hilfen für Pflegebedürftige und von Pflegebedürftigkeit bedrohte ältere Menschen, sowie des Projektes LichtBlick des Alexianer-Krankenhauses mit einbezogen werden.4. Unter Einbeziehung der Erfahrungen aus laufenden Ansätzen (z.B. Gerontopsychiatrische Beratungsstelle, Alzheimer Gesellschaft e. V.) werden gemeinsam mit vor Ort tätigen Trägern und bürgerschaftlichen Strukturen (Kirchengemeinde etc.) stadtteil- und quartiernahe Unterstützungs- und Entlastungsstrukturen entwickelt. Hierbei ist es wichtig auf eine stadtweite Koordination und Vernetzung zu achten.5. Weiterhin werden Möglichkeiten zur fachlichen Unterstützung und Begleitung ehrenamtlicher HelferInnen weiterentwickelt (Beratungs-, Supervisions- und Fortbildungskonzept).6. Zur Finanzierung der Weiterentwicklung und der Schaffung neuer Angebote und Hilfen für Demenzerkrankte sind insbesondere die Leistungen der Pflegekassen nach dem Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz und der in diesem Zusammenhang durch das Land bereitgestellten Mittel für die Weiterentwicklung der komplementären ambulanten Hilfen für Demenzerkrankte in Anspruch zu nehmen. Zudem besteht ein Modellprogramm zur „Verbesserung der Betreuung und Begleitung dementiell erkrankter alter Menschen „bei der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW worüber Modellprojekte gefördert werden können. Darüber hinaus sind für Projektphase und weitergehende Fördernotwendigkeiten bei dem Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur auch die Möglichkeiten einer Förderung u.a. über örtliche Stiftungen zu überprüfen.7. Zur Weiterentwicklung des Wohn- und Pflegeangebotes insbesondere für den Personenkreis der demenzerkrankten Menschen unterstützt und fördert die Stadt Münster die Schaffung weiterer Hausgemeinschaften für diesen Personenkreis.8. Die Stadt Münster unterstützt Träger bei der Entwicklung neuer Konzepte zur Betreuung von demenzerkrankten Personen in der stationären Pflege.Begründung:Die Verbesserung der Betreuung und Begleitung dementiell erkrankter alter Menschen ist eine übergreifende und dringliche sozialpolitische Aufgabe. Über die Pflegeversicherung wird derzeit der Betreuungs- und Hilfebedarf nur unzureichend oder überhaupt nicht abgedeckt, da ein Grossteil der dementiell erkrankten Menschen keinen oder nur geringen pflegerischen Bedarf im Sinne des SGB XI haben, da der dort verankerte Pflegebegriff ausschließlich die somatische Pflege umfasst. Dem gegenüber benötigen altersverwirrte Menschen Hilfen bei der täglichen Begleitung.Die Bundesregierung geht – bei Beibehaltung des gesetzlich festgelegten Beitragssatzes von 1,7 v.H. – davon aus, dass für sinnvolle und notwendige Änderungen nur geringe finanzielle Spielräume bestehen. Der finanzielle Spielraum wird derzeit mit jährlich 260 Mio. Euro errechnet. Vor dem Hintergrund der begrenzten Mittel sieht das Pflegeleistungsergänzungsgesetz vor, die Mittel ausschließlich zur Unterstützung der Demenzerkrankten im häuslichen Bereich und zur Entlastung der pflegenden Angehörigen einzusetzen. Vorgesehen ist

  • die Gewährung zusätzlicher Hilfen der Pflegeversicherung von bis zu 460 Euro pro Jahr für die in Anspruchnahme von qualitätsgesicherten Betreuungsleistungen
  • Entwicklung neuer Versorgungskonzepte und Versorgungsstrukturen für Pflegebedürftige mit erheblichen allgemeinen Betreuungsbedarf, insbesondere dementiell erkrankten Menschen durch die Förderung
  • niedrigschwelliger Betreuungsangebote
  • Förderung von Modellprojekten
  • Diese werden zu jeweils 10 Mio. Euro durch die Pflegeversicherung sowie durch Land oder Kommunen finanziert. Das Land hat hierfür 2 Mio. Euro im Haushalt des MASQT bereitgestellt.
  • Ausbau der beratenden Hilfen im häuslichen Bereich durch zusätzliche Hausbesuche

Die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW hat unterdessen ein Modellprogramm zur „Verbesserung der Betreuung und Begleitung dementiell erkrankter alter Menschen aufgelegt. Hierfür sollen 10 bis 12% der jährlichen Stiftungsmittel aufgewendet werden. Ausgehend von einer Summe in Höhe von rd. 50 Mio. DM, die jeweils in den letzten Jahren für die Stiftung bereitstanden, könnte dies jährlich ein Förderrahmen von ca. 2,5 Mio. Euro oder mehr sein.Über dieses Modellprogramm können Projekte gefördert werden die möglichst Vorbild- und Nachahmungscharakter besitzen. Dabei unterscheidet die Stiftung zwei Projektorientierungen:

  • „Bei denjenigen Projekten, bei denen es vorrangig um die Entwicklung neuer übergreifender Konzeptansätze geht – bspw. Die Entwicklung für neue oder andere Arbeitsansätze zur integrierten Betreuung im stationären Bereich – ist mit der Antragstellung die Umsetzungsperspektive für die Zeit nach der Modellphase darzustellen.
  • „Bei Projekten mit fachlich bedeutendem Zukunftswert steht die Abwägung des Erkenntnisgewinns im Vordergrund. Die dauerhaft gesicherte Finanzierbarkeit über die Projektphase hinaus steht dann nicht im Vordergrund.

Neben der Verbesserung des Angebotes für demenzerkrankte Menschen, die in der eigenen Häuslichkeit zusammen mit ihren Angehörigen leben, gilt es auch die Angebote für diesen Personenkreis in der stationären Pflege zu verbessern und auch neue Formen des Wohnens- und der Pflege zu fördern und auszubauen. Für altersdemente Personen haben sich die Hausgemeinschaften als eine geeignete Wohn- und Betreuungsform he
rausentwickelt. Diese i.d.R. für 6-8 Personen konzipierte Wohn- und Betreuungsform stellt eine geeignete Alternative zu den traditionellen Großeinrichtungen dar. In Münster sind bereits einige beispielhafte Angebote entstanden wie u.a. die Villa Hittorfstraße und die Villa Mauritz. Die Angebote gilt es weiterzuentwickeln.In den bestehenden stationären Einrichtungen gilt es gleichsam, die Betreuungssituation für Demenzerkrankte zu verbessern. Wenngleich es hierfür grundsätzlich auch der Verbesserung der Rahmenbedingungen bezüglich der Refinanzierung bedarf, die u.a. bundesrechtlich zu regeln sind, so gilt es, kommunalpolitisch die Entwicklung neuer Konzepte sowohl für zukünftige Angebote als auch für die Wandlung bestehender Einrichtungen zu unterstützen.Wie bereits in den Anträgen „Komplementäre ambulante Dienste sichern – kommunale Altenpolitik weiterentwickeln und „Neue Wohnformen für ältere und pflegebedürftige Menschen – Wohnprojektentwicklung und -beratung fördern dargelegt, die die GAL-Fraktion im Januar bzw. März 2000 vorgelegt hat, ist es für die Stadt Münster wichtig, Hilfen und Angebote zu entwickeln, die eine traditionelle stationäre Unterbringung vermeiden helfen und individuellere und bedarfsgerechte Angebote darstellen. Mit dem 2. Modernisierungsgesetz geht die Gesamtzuständigkeit für den Bereich der Pflege seit 2001 schrittweise auf die Kreise und kreisfreien Städte über. Ab 2004 haben die örtlichen Träger die alleinige Finanzverantwortung. Die Stadt Münster sollte sich dieser Aufgabe im Sinne der Betroffenen Bürger und Bürgerinnen rechtzeitig stellen.Mit den Angeboten des Gerontopsychiatrischen Zentrums im Clemens-Wallrath-Haus, den Betreuungsgruppen der Alzheimer Gesellschaft e.V. und der Pfarrgemeinde St. Ida, den Hausgemeinschaften Villa Hittdorf, Villa Mauritz, sowie Haus Witt, dem Modellprojekt Psychosoziale Hilfen für Pflegebedürftige und von Pflegebedürftigkeit bedrohte ältere Menschen sind in Münster gerade auch von Seiten der freien Träger in der Vergangenheit wichtige und richtige Schritte getan worden, die es nun für eine bedarfsgerechte Versorgung weiterzuentwickeln gilt. gez. Maria Klein-Schmeink
und Fraktion