Ausgangslage
Partizipation ist eine gesetzliche Verpflichtung, u.a. normiert im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) und im Kinder- und Jugendfördergesetz des Landes NRW. Das Gesetz sieht Beteiligung auf allen Ebenen und für alle Altersgruppen vor.
Wenn Politik sich mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beschäftigt, verengt sich der Blick schnell auf parlamentarische Formen. Die Shell-Studie zeigt, dass sich Kinder und Jugendliche vielfältig in ihren Lebenswelten und zu aktuellen gesellschaftlichen Themen engagieren und einbringen (Shell-Studie 2002, s.a. 12. Kinder und Jugendbericht).
Es ist sinnvoll, den Blick auf die Möglichkeiten der Partizipation zu erweitern und überall da, wo Kinder und Jugendliche leben, Lernen und ihre Freizeit verbringen, Partizipation in unterschiedlicher Form zu praktizieren.
Daher möge der Rat beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt,
- Im Rahmen dieser Zielsetzung ein „Partizipations-Konzept zu entwickeln, das die Erfahrungen mit dem bestehenden Jugendrat/den bestehenden Jugendforen berücksichtigt,
- bestehende Beteiligung und Beteiligungsformen weiter zu entwickeln und neue Beteiligungsmöglichkeiten zu eröffnen. Diese sollen alle Kinder und Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft, mit und ohne Zuwanderungsgeschichte, Jungen und Mädchen, ansprechen.
Begründung:
Partizipation ist nicht nur ein Thema der Kinder- und Jugendhilfe. Auch in anderen Politikbereichen, bei Fragen der Wohnungspolitik (z.B. Wohnformen), der Umweltpolitik, der Generationen und Geschlechtergerechtigkeit geht es um Beteiligung. Die Kinder- und Jugendpolitik hat als Interessenvertretung eine besondere Verpflichtung, die Partizipationsmöglichkeiten zu entwickeln und zu fördern.
Partizipation im Sinne des Erlernens von Demokratie darf dabei nicht in erster Linie verstanden werden als ein Hineinwachsen in das politische System, sondern als im Alltag praktizierte Mitsprache und Mitbestimmung, gewissermaßen als Alltagsdemokratie. Es geht hier um Mitreden, Mitmachen, Mitplanen und Mitbestimmen. Kinder und Jugendliche, die sich selbst als aktiv gestaltend erfahren und – möglichst zeitnah – auch Ergebnisse ihres Engagements sehen, werden sich auch als Erwachsene eher an der Gestaltung ihrer Umwelt, ihres Gemeinwesens beteiligen. Mädchen und Jungen, die vielfältige Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten in ihrer unmittelbaren und weiteren Umwelt haben und die Demokratie positiv erfahren, haben das notwendige Verständnis für das Gemeinwesen.
Aus den bisher gemachten Erfahrungen mit dem Jugendrat lassen sich Veränderungsbedarfe ableiten, die den Kindern und Jugendlichen mit ihren Interessen und Bedürfnissen eher gerecht werden, u.a.:
- Der Jugendrat soll die Themen, mit denen er sich beschäftigen will, selbst bestimmen, die Arbeitsformen ebenso (z.B. Arbeitsgruppen, Workshops, Aktivitäten, Projekte etc.) mit Unterstützung durch die hauptamtliche Kraft.
- Die Einmischung der Erwachsenen sollte sich darauf beschränken, möglichst wenig Formalitäten und ein ganz kleines Regelwerk zu empfehlen, ansonsten entwickeln die Kinder und Jugendlichen ihre „Geschäftsordnung eigenständig.
Der Jugendrat ist nur eine Beteiligungsform. Für die jüngeren Kinder müssen andere Beteiligungsformen entwickelt bzw. ausgebaut werden, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen und in ihrer Lebenswelt durchgeführt werden und somit einen sozialräumlichen Bezug haben – wie wir dies bereits in unserem Ratsantrag „Kinder und Jugendliche gestalten ihre Lebenswelt mit – Beteiligung und Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche in Münster – eingebracht am 09.11.2005 – gefordert haben.
Jutta Möllers
und Fraktion