Der Rat der Stadt Münster möge beschließenI.Der Rat der Stadt Münster beauftragt die Verwaltung,
- sich über die Gremien des Deutschen Städtetages und direkt bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass
- es zu keinen weiteren Kürzungen bei der Städtebauförderung kommt,
- die Finanzmittel für die Städtebauförderung vielmehr wieder mindestens den Stand des Jahres 2010 erreichen und
- die Beschränkung auf investive Mittel zurückgenommen wird;
- die Münsteraner Bundestagsabgeordneten über den Ratsbeschluss zu informieren und sie zu bitten, in diesem Sinne tätig zu werden.
II.Der Rat schließt folgendem Positionspapier an, auf das sich die für die Stadtentwicklung verantwortlichen Ministerinnen und Senatorinnen, Minister und Senatoren der Länder auf der Sonderbauministerkonferenz zur Zukunft der Städtebauförderung am 03.09.2010 verständigt haben:1. Die Städtebauförderung ist eine Erfolgsgeschichte des deutschen Föderalismus. Bund, Länder sowie Städte und Gemeinden bilden eine Verantwortungs- und Finanzierungspartnerschaft für städtebauliche Investitionen, die ohne Finanzhilfen des Bundes nicht möglich sind. Die gemeinsame Konzeption der Programme und die mittelfristige Finanzierung geben den Städten und Gemeinden – bei Wahrung örtlicher Besonderheiten – Planungssicherheit und strategische Orientierung. Damit gilt die Städtebauförderung in der Europäischen Union als beispielhaft für die Unterstützung nachhaltiger Stadtentwicklung entsprechend der Leipzig Charta und dem Acquis Urban.
2. Die Städtebauförderung belohnt langfristige Planung und sichert nachhaltige kommunale Investitionen. Gefördert werden Projekte, die Teil einer fachübergreifenden, integrierten Entwicklungsstrategie sind. Die Strategie basiert auf einer gründlichen Analyse und wird mit allen relevanten Partnern in den Kommunen abgestimmt. Das verhindert kurzsichtige Einzelprojekte und Investitionsruinen und stellt eine rationale Planung öffentlicher Investitionen sicher.
3. Die Städtebauförderung stärkt den sozialen Zusammenhalt. Die Städtebauförderung stärkt wie kein anderes Politikinstrument die Integration unterschiedlicher sozialer Schichten und von Zuwanderern vor Ort. Die Politik braucht auch zukünftig ein Instrument, das in sozialen Brennpunkten mit einem lokal konzentrierten, gebündelten Angebot an (städte-) baulichen Verbesserungen und flankierenden sozialen Maßnahmen eingreifen und das sozialräumliche Umfeld verbessern kann. Gleichzeitig trifft jede Kürzung der Städtebauförderung die Menschen in den Fördergebieten und ihre Perspektiven unmittelbar, weil mit dem Wegfall des integrativen Steuerungsinstruments Städtebauförderung die Teilhabechancen der Bewohnerinnen und Bewohner an Bildungsprozessen und an der gesellschaftlichen Entwicklung gefährdet sind.
4. Die Städtebauförderung stärkt bürgerschaftliches Engagement, Ehrenamt und Demokratie. Bei der Formulierung, Abstimmung und Umsetzung der integrierten Stadtentwicklungskonzepte arbeiten Zivilgesellschaft und die gewählten Repräsentanten der Gemeinden Hand in Hand. Kommunalpolitik und Verwaltung beteiligen die Bewohner, die Eigentümer, Gewerbetreibenden, Initiativen, Vereine und andere Akteure. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind für die effektive und ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel verantwortlich. Zugleich beziehen sie alle relevanten öffentlichen und privaten Träger ein, so dass die städtebaulichen Investitionen die gelebte Demokratie vor Ort voranbringen.
5. Die Städtebauförderung sichert Aufträge und Beschäftigung im örtlichen Handwerk und Baugewerbe. In zahlreichen wissenschaftlichen Studien wurden die volkswirtschaftlichen Effekte belegt: 1 Euro Städtebauförderungs-Bundesmittel stößt nach einem Gutachten des RWI bis zu 8 Euro weitere öffentliche und private Investitionen an. Weil städtebauliche Investitionen in der Regel kleinteilig und arbeitsintensiv sind, profitieren davon vor allem lokale Betriebe und ihre Beschäftigten. Durch die sehr hohen Anstoß- und Bündelungswirkungen sorgt die Städtebauförderung auch für zusätzliche Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge.
6. Die Städtebauförderung ist ein unverzichtbarer Beitrag zum Aufbau Ost. Der Bund hat mit Blick auf den infrastrukturellen Nachholbedarf sowie die unzureichende Finanzkraft in den neuen Ländern und deren Städten und Gemeinden diesen mit dem Solidarpakt (Korb II) überproportionale Finanzhilfen zum Aufbau Ost für ausgewählte Politikfelder bis zum Jahr 2019 zugesichert. Dazu zählt auch die Städtebauförderung mit ihren teilweise speziell auf den Stadtumbau Ost ausgerichteten Programmen.
7. Eine Kürzung der Städtebauförderung führt zu Investitionsstopps. Städtebauliche Investitionen sind langfristig angelegt. Bereits heute kann nur rund die Hälfte der laufenden Fördergebiete jedes Jahr bedarfsgerecht weiter gefördert werden. Die Länder müssen darüber hinaus ein Vielfaches an Anträgen ablehnen. 300 Mio. € ausbleibende Finanzmittel des Bundes für die Städtebauförderung bewirken, dass mehr als 2 Mrd. € an öffentlichen und privaten Investitionsmitteln nicht realisiert werden können. Es ist nicht zu erwarten, dass die ausfallenden Bundesmittel durch Dritte kompensiert werden. Es besteht vielmehr die Gefahr eines Vervielfältigungseffektes im negativen Sinne, wenn die Städte und Gemeinden und auch die Länder ihre Finanzdisposition auf die jeweilige Höhe der Bundesmittel ausrichten würden. Im Ergebnis werden kaum noch neue Investitionsprojekte aufgenommen werden können; dies bedeutet den faktischen Ausstieg insbesondere aus den Programmen, in denen eine überdurchschnittlich private Investitionstätigkeit zu erwarten ist. Darüber hinaus werden in zahlreichen Gemeinden Projekte gestreckt oder abgebrochen werden müssen, so dass einerseits mit erheblichen Kostensteigerungen und andererseits mit einem deutlichen Investitionsstau zu rechnen ist.
8. Eine Kürzung der Städtebauförderung ist auch angesichts des Investitionsbedarfs der Städte und Gemeinden problematisch. Die Kürzung der Städtebauförderung führt zu einer direkten Belastung der Städte und Gemeinden. Damit wird im Ergebnis auch die in der Föderalismusreform I noch mal erneuerte Verantwortungsgemeinschaft zwischen Bund, Ländern und Städten und Gemeinden zumindest teilweise aufgekündigt. Das Deutsche Institut für Urbanistik hat 2008 belegt, dass die kommunalen Investitionen seit 1992 rückläufig sind und dass der Investitionsrückstand 704 Mrd. € beträgt. Ein Gutachten des BMVBS hat einen städtebaulichen Investitionsbedarf 2007-2013 von 64 Mrd. € festgestellt. Die Städtebauförderungsprogramme sind dem entsprechend um ein Vielfaches überzeichnet.
9. Eine Kürzung der Städtebauförderung gefährdet Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. In dem Maß, wie der Bund und in der Folge möglicherweise die Länder ihre Förderung reduzieren, werden städtebauliche Investitionen ausbleiben. Angesichts des Faktors 1:8 und der belegten Beschäftigungswirkungen wird das vor allem kleine Handwerks- und Bauunternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen – in einer Zeit auslaufender Konjunkturprogramme.
10. Eine Kürzung der Städtebauförderung wirkt sich negativ aus auf privates und gesellschaftliches Engagement und auf die ehrenamtliche Tätigkeit in den Städten und Gemeinden. In den Städten und Gemeinden sind integrierte Handlungskonzepte zusammen mit Bürgerschaft, Handel, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Arbeit oder bereits in Angriff genommen. Das Stadtteilleben erfährt durch den integrativen Ansatz der Städtebauförderungen eine Neubelebung der ehrenamtlichen Tätigkeiten in den Städten und Gemeinden, weil die Städtebauförderung als Steuerungsinstrument diese Prozesse animiert und lenkt. Städtebauförderung ist ein Instrument der gelebten Demokratie vor Ort, die bei einer Kürzung deutlich gefährdet würde.
11. Eine Kürzung der Städtebauförderung gefährdet die Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik. Die vorgesehenen Kürzungen der Bundesfinanzhilfen für die Städtebauförderung stehen im Gegensatz zu den Beschlüssen des Bundestages zur auskömmlichen Ausstattung der entsprechenden Programme wie auch zum Koalitionsziel der Bundesregierung hinsichtlich der Fortführung dieser Ansätze auf bisherigem Niveau. Bund und Länder haben im Jahr 2008 einen Verteilerschlüssel für die Städtebaufördermittel verabreden können, in den die Zusagen der Bundesregierung zur Durchführung des Solidarpaktes II integriert werden konnten. Dieser Vereinbarung würde der Bund mit einer Kürzung der Städtebauförderung die Grundlage entziehen. Eine Kürzung der Städtebauförderung kollidiert mit den Verpflichtungen des Bundes zur Erfüllung des Solidarpaktes II und mit den Feststellungen zu dem anwachsenden Förderbedarf in den alten Ländern.Begründung:Die Bundesregierung beabsichtigt nach Medienberichten, bei den Bundeszuschüssen für die Städtebauförderung für das Haushaltsjahr 2012 eine weitere Kürzung auf nur noch 266 Millionen Euro vorzunehmen. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) bezeichnet die Pläne des Bundes als „Abschaltung der Städtebauförderung. Im Jahr 2010 standen im entsprechenden Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung noch insgesamt 610 Millionen Euro an Investitionszuschüssen für die unterschiedlichen Programmansätze der Stadtentwicklung zur Verfügung.Gegen diesen Kürzungsvorschlag hat sich – unabhängig von den jeweiligen Regierungskonstellationen in den Bundesländern – länderübergreifend massiver Protest formiert. In einem einstimmigen Votum hat die Bauministerkonferenz die Bundesregierung aufgefordert, die Kürzungspläne bei der Städtebauförderung zurückzunehmen. Im Ergebnis erfolgte für das laufende Haushaltsjahr eine geringere Kürzung als ursprünglich geplant: von 610 Millionen Euro auf 455 Millionen Euro.Für NRW hat dies zu einem Ausfall an Bundesmitteln in Höhe von rund 14 Millionen Euro geführt – diese Mittel fehlen den Kommunen, um städtebauliche Aufwertung und soziale Stabilisierung zu betreiben, zudem wurde der Verwendungszweck auf investive Aufgaben beschränkt.gez. Helga Bennink
und Fraktion