Münster, 15.07.25. Münsters Grüne haben sich mit einem Offenen Brief kritisch zur Verleihung des Josef-Pieper-Preises an US-Bischof Robert Barron geäußert. In dem Offenen Brief, der auch von verschiedenen Vertreter*innen der Münsteraner Zivilgesellschaft unterzeichnet wurde, legen die Grünen dar, warum Barron aus ihrer Sicht ein ungeeigneter Preisträger ist. Der vollständige Offene Brief sowie die Liste der Erstunterzeichner*innen sind dieser Veröffentlichung beigefügt. Weitere Unterzeichner*innen können sich gerne unter Angabe ihres Namens und gegebenenfalls einer Organisation bei den Münsteraner Grünen unter kv@gruene-muenster.de melden.
Offener_Brief_Barron_Erstunterzeichner_innen
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Offener Brief: Warum Robert Barron kein würdiger Preisträger des Josef-Pieper-Preises ist
Sehr geehrter Diözesanadministrator Herr Dr. Antonius Hamers,
sehr geehrtes Vorstandsmitglied der Josef-Pieper-Stiftung Herr Dr. Hanns-Gregor Nissing,
sehr geehrtes Vorstandsmitglied der Josef-Pieper-Stiftung Herr Prof. Dr. Berthold Wald,
sehr geehrtes Vorstandsmitglied der Josef-Pieper-Stiftung Herr Prof. Dr. Manfred Gerwing,
sehr geehrtes Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Josef-Pieper-Stiftung Herr Prof. Dr. Stephan Herzberg,
sehr geehrtes Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Josef-Pieper-Stiftung Herr Prof. Dr. Walter Mesch,
sehr geehrtes Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Josef-Pieper-Stiftung Herr Prof. Dr. Thomas Möllenbeck,
sehr geehrtes Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Josef-Pieper-Stiftung Herr Dr. Cornelius Pieper,
sehr geehrter Leiter der Akademie Franz Hitze Haus Herr Dr. Johannes Sabel,
die Josef-Pieper-Stiftung plant, den Josef-Pieper-Preis am 27. Juli 2025 an den US-amerikanischen Bischof Robert Barron zu verleihen. Die Preisverleihung soll im Borromaeum stattfinden, begleitet von einem zweitägigen Symposium im Franz Hitze Haus.
Wir wenden uns an Sie als Mitverantwortliche dieser Veranstaltung mit großer Sorge: Die Auszeichnung Barrons halten wir – insbesondere im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der beteiligten Institutionen und ihr Bekenntnis zu demokratischen, menschenrechtlichen und ethischen Werten – für höchst problematisch.
Katholische Akademien sollen Brücken bauen zwischen Theologie und Gesellschaft. Kontrovers geführte Debatten sind dabei wichtig – sie dürfen aber nicht jenen Raum geben, die menschenfeindlichen Haltungen vertreten oder Grundrechte infrage stellen.
Es ist offensichtlich, dass Robert Barron sich nicht nur aufgrund seiner Äußerungen und Haltungen sowohl für einen kontrovers geführten Diskurs als auch für den Josef-Pieper-Preis disqualifiziert. Er bezeichnet den Umstand, dass wissenschaftliche Erkenntnisse (bspw. bzgl. Sexualität und Geschlecht) eine Weiterentwicklung der katholischen Morallehre erfordern, als „kategorialen Fehler“ und verurteilt die Reformbestrebungen der katholische Sexuallehre durch die Deutsche Bischofskonferenz[1]. Barron bezeichnet Abtreibung und assistierten Suizid als „Kultur des Todes“ und verbreitet Falschinformationen über assistierten Suizid: „Wenn ältere oder kranke Menschen lästig werden, können und sollten sie getötet werden“[2]. Er nutzt sein Amt nicht nur zur Verbreitung und Legitimation trans*feindlicher Positionen, sondern unterstützte Anfang 2025 auch das sog. „Jugendschutzdekret”, das Donald Trump zur Einschränkung der Rechte von trans* Jugendlichen und trans*Kindern erlassen hat[3]. Mitte April 2025 veröffentlichte Barron auf seinem Blog „Word on Fire“ den Artikel „»Ableism« isn’t Christian“ von Mark Bradford, der darin schreibt: „Der Begriff „Behindertenfeindlichkeit“ reiht sich in das moderne Pantheon anklagender Etiketten ein, die Menschen in Gruppen einteilen, die dann ins Visier genommen und verhöhnt werden können.“[4].
Barron nutzt sowohl sein Amt als auch seine immense mediale Bekanntheit, um Donald Trump und seine demokratiezerstörende, menschenrechtsverachtende Politik zu unterstützen, zu legitimieren und zu sakralisieren. Am 5. März 2025 bezeichnete er die Ansprache Donald Trumps zur Lage der Nation als „hohe Liturgie unserer Demokratie“[5], die von der Demokratischen Partei auf „verstörende Weise unterbrochen wurde“[6]. Der US-Bischof ist außerdem Mitglied der „Kommission für religiöse Freiheit“ (Religious Liberty Commission), die u.a. eine „Task Force zur Beseitigung antichristlicher Vorurteile im Justizministerium [gründen soll], um die antichristliche Bewaffnung der Regierung und die ungesetzlichen Angriffe auf Christen zu beenden“[7]. Für die Ernennung in die Kommission[8] sprach Barron Donald Trump seine Dankbarkeit aus[9]. Als christlicher Bischof hat er sich weder gegen die hunderte von Menschenrechtsverletzungen, die alleine in den ersten 100 Amtstagen unter Trump begangen wurden[10], eingesetzt oder positioniert.
Dies hat das Diözesankomitee im Bistum Münster deutlich und öffentlich kritisiert; und dieser Kritik schließen wir uns ausdrücklich an.[11]
Solche Positionen lassen “Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß” vermissen und sind deshalb mit dem Denken und Wirken von Josef Pieper unvereinbar. Wer solche Positionen mit einem Preis ehrt oder ihnen im Rahmen eines Symposiums eine Bühne bietet, relativiert nicht nur Menschenrechte, sondern beschädigt das eigene moralische Fundament. Der Versuch, diese Preisverleihung durch begleitende Veranstaltungen zu queeren Themen „auszugleichen“, wirkt dabei nicht wie ein Zeichen für Pluralismus, sondern wie zynisches Pinkwashing.
Der Schriftzug „Nie wieder ist jetzt“ am Franz Hitze Haus ist Mahnung und Verpflichtung. Ein nach Josef Pieper benannter Preis, dessen antifaschistische Haltung Widerstandskämpfer*innen wie Dietrich Bonhoeffer beeinflussten und inspirierten, hat würdige Preisträger*innen verdient. Demokratiefeindliche, diskriminierende und wissenschaftsferne Positionen dürfen unter dem Deckmantel religiöser Debatte nicht salonfähig gemacht werden.
Wir fordern Sie daher mit Nachdruck auf: Setzen Sie die Preisverleihung aus. Verhindern Sie, dass dieser Preis und die beteiligten Institutionen für eine Agenda vereinnahmt werden, die Menschen ausgrenzt und Grundwerte unserer Gesellschaft untergräbt.
Unterzeichner:innen:
- AG Demokratie und Antifaschismus der Grünen Münster
- Dr. Regina Elsner, Universität Münster, Theologin
- Nicholas K. Johnson, Universität Münster
- Aurica Jax, Theologin und Historikerin
- Dirk Aning, Ortsverband Hiltrup, Amelsbüren, Berg Fidel von BÜNDNIS 90/Die Grünen
- Frank Meier-Hamidi, Sprecher des Ortsverbandes Münster West von BÜNDNIS 90/Die Grünen
- OutInChurch e.V.
- Julia Kilp, Institut für FASD
- Joachim Harder
- Anna Reher
- Connie McNair
- Norbert Gödde
- Nils Führmann
- Cordula Stening
- Marie Rita Hunstiger
- Jörg Adler, 2. Vorsitzender draußen! e.V.
- Veronika Jüttemann
- Michel Wildt, systemische:r Organisationsentwickler:in und Mitglied der deutschen Gesellschaft für systemische Pädagogik
- Gabriel Möddel
- Anne Sent
- Ingrid Ahler
- Hilmar Welpelo
- Barbara Kormann
- Elmar Post
- Trixi Bannert, Vorsitzende der Vinissima Frauen & Wein e.V. sowie Vorsitzende des Vereins Münstarity e.V.
- Petra Esfeld
- Sandy Michelle Kokoschka
- Julia von Hayn
- Marius Andreas Rieke
- Mechtild Kuhlmann-Wesseling
- Martin Reuschel
- Heike Hötte
- Sabina Krappmann-Klute
- Corinna Schoneberg
- Philipp Moss
- Gelieza Kötterheinrich
- Dr. Dirk Klute, ÖDP
- Birgit Wolters, Kreisvorstandssprecherin BÜNDNIS 90/Die Grünen Münster
- Johannes Massolle
- Gisela Wuttke, Künstlerkollektiv Vierwärts
- Albrecht Schöll
- Franz Bernhard Schrewe
- Markus Gutfleisch, Mitglied des Katholischen LSBT+ Komitees
- Anke Brüggemann
- Lukas Färber
- Lisa Kötter, Maria 2.0
- Barbara Stratmann, Maria 2.0
- Angela Kieserg, Maria 2.0
- Ruth Koch, Maria 2.0
- Andrea Voss-Frick, Maria 2.0
- Monika Schmelter, Maria 2.0
- Sigrid Kamann, Maria 2.0
- Adelheid Kellinghaus, Maria 2.0
- Silvia Diemon, Maria 2.0
- Tim Lautner
- Raimund Köhn
- KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche
- Freckenhorster Kreis im Bistum Münster
- Claudia Fuchs-von Brachel
- Christian Lohwasser, Funktionsbereichssprecher Werteorientierte Soziale Arbeit im Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit DBSH e.V.
- Ann-Kathrin Kahle, Sexualpädagogin (gsp)