Ob bei den WN/MZ, bei Antenne Münster, RUMS oder andernorts: Die von uns und unseren Koalitionspartnern geplante Durchfahrtsperre für Autos im Bereich Bült/Tibusstraße sorgt für einige Diskussionen. Hier beantworten wir wichtige Fragen zu dem Projekt.
Noch ein Verkehrsversuch? Was soll das denn?
Münsters Bevölkerung ist seit 2003 um fast 40.000 Menschen oder 15% gewachsen. Auch die Zahl der in Münster arbeitenden Menschen hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht. Münsters Straßen, Schienen, Rad- und Fußwege, kurz die Verkehrsinfrastruktur, sind aber nicht ansatzweise im gleichen Maß mitgewachsen. Zugenommen hat allerdings die Zahl der Autos in Münster und der Menschen, die mit dem Auto zum Job pendeln. Klar ist: Gegen Verkehrskollaps, klimaschädlichen Verkehr und für eine lebenswerte Stadt auch für Menschen ohne Lenkrad vor der Nase helfen keine alten Rezepte. Wir müssen in vielen Bereichen ausprobieren, wie Menschen auch künftig von A nach B kommen, möglichst klimafreundlich, leise, platzsparend, sicher und bequem. Dazu wird es immer wieder Verkehrsversuche geben, denn nicht alles, was in Plänen gut aussieht, funktioniert auch in der Praxis.
OK, und worum geht es jetzt am Bült?
Die Achse Mauritztor – Bült – Bergstraße – Neutor zerschneidet unsere Altstadt. Jeden Tag fahren dort knapp 20.000 Autos. Ein gutes Drittel davon will gar nicht diesen Bereich der Innenstadt erreichen, sondern sie nutzen die Achse als schnelle Verbindung zwischen Schlossplatz/Neutor und Landeshaus. Dieser Auto-Durchgangsverkehr bringt Lärm und Abgase in die Innenstadt – und trennt zudem das Martiniviertel vom Rest der historischen Altstadt. Das wollen wir ändern und beauftragen die Stadtverwaltung, einen Verkehrsversuch zu konzipieren, durch den der Auto-Durchgangsverkehr aus der Straße herausgenommen wird.
Aha, dann kommt ja keiner mehr in die Innenstadt …
Doch, es geht in dem Versuch ja nur um den Auto-Durchgangsverkehr. Wer mit dem Auto in eines der an der Achse gelegenen Parkhäuser will oder den Hörster-Parkplatz ansteuert, wird das auch weiterhin mit dem Auto erledigen können. Die Innenstadt bleibt komplett erreichbar. Aber wenn wir die Verkehrsbelastung reduzieren, dann kann man dort zeigen, wie viel lebenswerter die Stadt durch weniger Autoverkehr werden kann.
Aber die Leute müssen doch an ihr Ziel kommen …
Das kommen sie: Für die klimafreundlichen Verkehre – Bus, Rad- und Fußverkehr – wird die Achse auch weiterhin zur Durchfahrt frei sein, sie werden in diesem Bereich priorisiert. Wer mit dem Bus kommt, wird störungsfreier und schneller unterwegs sein. Wer mit dem Auto kommt, kann direkt bis in die Altstadtparkhäuser fahren. Die Verkehrsdaten, die im Zusammenhang mit der Baustelle an der Bergstraße erhoben wurden, bei der die Achse ja auch für die Durchfahrt gesperrt war, zeigen: Die Parkhäuser Theater und Alter Steinweg waren wie zuvor ausgelastet, die Frequenz in der Innenstadt hat nicht abgenommen. Alle konnten ihr Ziel erreichen.
Und wo sollen die Autos hin, die verstopfen dann andere Straßen, oder?
Nein, genau das hat die große Baustelle an der Bergstraße ja gezeigt. Seit Januar war die Achse durch diese Baustelle nicht für den Durchgangsverkehr nutzbar. Und trotzdem gab es laut Zählungen der Stadtverwaltung weder in den direkten Umgebungsstraßen noch etwa auf dem Ring deutlich mehr Verkehr – und schon gar kein Verkehrschaos. Dadurch, dass die Busse umgeleitet werden mussten, waren einzelne Straßen wie der Breul allerdings stärker belastet. Das Gute ist: Ein Busumleitung wird durch den Verkehrsversuch nicht notwendig sein, also wird auch der Breul nicht durch Busse belastet.
Einige Gastronomen und andere beschweren sich aber über den Versuch …
Damit war in einigen Fällen leider zu rechnen, denn wir haben bereits mit diesen das Gespräch gesucht, bevor wir den Antrag gestellt haben. Neben Sorgen und Skepsis begegnete uns dabei aber auch ein großes Interesse daran, die Innenstadt noch attraktiver zu machen. Es ist verständlich, dass alle, die aktuell diese Achse als Abkürzung nutzen, nicht begeistert sind. Aber der Nutzen für die Innenstadt insgesamt ist enorm. Es profitieren die, die umweltfreundlich in die Stadt fahren, und es profitieren Handel und Gastronomie.
Denn: Ein Ziel des Versuchs ist es auch, mit einer verbesserten Aufenthaltsqualität mehr Anziehungspunkte zu schaffen, damit steigen auch die Umsätze vor Ort. Damit das klappt, brauchen wir die Mitwirkung der Gewerbevereine, sie sollen den Verkehrsversuch aktiv mitgestalten. Das bedeutet auch, dass wir gemeinsam eine Einladung in die Innenstadt aussprechen und nicht wieder erzählen, die Innenstadt sei nicht zu erreichen. Damit wäre keinem geholfen.
Wir werben sehr dafür, das Thema gemeinsam positiv zu kommunizieren.
Wann wird wo gesperrt und wie kommen mobilitätseingeschränkte Menschen in die Stadt?
Der Verkehrsausschuss hat unseren Antrag beschlossen, jetzt entwickelt die Verwaltung einen Plan zur ganz konkreten Umsetzung und zur Beteiligung. Die dortigen Fachleute sollen vorschlagen, wo die Sperre genau installiert werden soll, wann es genau los geht und welche Ausnahmeregeln es für Mobilitätseingeschränkte, Handwerksbetriebe und andere gibt, die den Bereich erreichen müssen.
Und nochmal: Die Innenstadt bleibt komplett erreichbar – nur der Auto-Durchgangsverkehr bleibt am Bült künftig draußen.