Der Vorschlag der Union, die ärztliche Schweigepflicht aufzuweichen, schadet mehr als dass er nützt und schafft eher weniger Sicherheit als mehr. Schon heute können Ärzte und Psychotherapeuten die zuständigen Behörden informieren, wenn eine nicht anders abwendbare Gefahr für Leib und Leben anderer besteht, in  manchen Fällen sind sie sogar dazu verpflichtet.

Maria Klein-Schmeink
Maria Klein-Schmeink

Eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht würde die Sicherheit Dritter eher gefährden als sie zu erhöhen. Nur wer keine Angst vor unmittelbar damit verbundenen beruflichen und sozialen Konsequenzen hat, wird im Zweifelsfall die notwendige ärztliche und psychotherapeutische Hilfe aufsuchen, die er braucht. Eine frühzeitige und gute Behandlung bietet den besten Schutz für die Allgemeinheit.
Die öffentliche Debatte lässt auch den Eindruck entstehen, psychisch kranke Menschen seien besonders gefährlich. Das ist völlig unangemessen. Immerhin fast ein Drittel der Bevölkerung erleidet im Laufe des Lebens eine psychische Erkrankung oder erlebt eine tiefgreifende psychische Krise. Dass sie andere Menschen gefährden, ist die absolute Ausnahme. Informationen und Aufklärung sind wichtig, damit Bürgerinnen und Bürger ein Bewusstsein für psychische Erkrankungen entwickeln, Hilfsangebote kennenlernen und Vorurteile abbauen können. Der Besuch beim Psychiater, der Psychotherapeutin, dem Krisendienst oder der Beratungsstelle müssen, wie der Arztbesuch bei einem Beinbruch, selbstverständlich werden.