Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
werte Zuhörerinnen und Zuhörer,
der Rat hat vor gut 2 ½ Jahren einen Vertrag beschlossen, in dem sich Architekt Andreas Deilmann verpflichtete, rund 1.000 qm des Hochhauses am Bahnhof zu einem Höchstpreis von 8,50 pro qm an die Frau/den Mann zu bringen.
Weil der Investor sich nicht vertragstreu verhält, ist heute „Bezahlbares Wohnen – auch am Bahnhof“ Thema dieser Aktuellen Stunde.
Herr Deilmann nämlich hat — und so, wie es scheint, schon beim Vertragsschluss mit der Stadt — alle Beteiligten hinters Licht geführt.
Damals hat er zwar nach hartem Ringen mit der Politik die Zusage gemacht, einen Teil der Wohnungen für 8,50 Euro/qm zu vermarkten.
Dies hatte er gerade nicht vor. Er hat einen Schleichweg gesucht und gefunden, um genau diese Zusage zu umgehen: Und so vermietet er diese Fläche für 8,50 Euro an die Tina Deilmann GmbH seiner Ehefrau. Und diese vermietet sie dann zum Preis von mehr als 30 Euro pro qm weiter.
Meine Damen und Herren,
das ist kein dubioses oder grenzwertiges Verhalten eines auf Rendite orientierten Investors, das ist die offensive Missachtung der Regeln der Demokratie und der Redlichkeit zwischen Vertragspartnern.
Womöglich hatte der Investor die Hoffnung, aufgrund eines immer wieder bemühten Rufes als qualitativ guter und Münster geneigter Investor werde dies nicht bemerkt bzw. nicht sanktioniert.
Schon diese aktuelle Stunde beweist allerdings, dass dies ein Irrtum war, weil der Rat dieser Stadt – so nehme ich an – einvernehmlich dieses Schurkenstück verurteilt.
Und genauso unumstritten ist doch wohl auch, dass die Verwaltung im Auftrag des Rates gegen ein solches Gebaren energisch und mit allen denkbaren Mitteln vorzugehen hat.
Aus unserer Sicht bedarf die Fragestellung nach „Bezahlbarem Wohnen – auch am Bahnhof“ zudem einer Erweiterung:
Denn preiswerter Wohnraum ist nicht nur am Bahnhof, sondern in ganz Münster gefragt.
Deshalb hat im Jahr 2014 in derselben Sitzung der Rat auch die von uns GRÜNEN beantragte sozial orientierte Bodennutzung für Münster (kurz SoBoMü) beschlossen.
Sie wissen SoBoMü legt fest, dass bei neuen städtebaulichen Planungen mindestens 30% öffentlich geförderter Wohnungen entstehen muss.
Die Miete beträgt je nach Einkommen 6,25 bzw. 7,15 Euro je qm².
Anspruch in Münster haben damit mindestens 50% der Münsteraner*innen, denn die Einkommensgrenzen liegen zum Beispiel für eine dreiköpfige Familie bei
3 Personen 75 m² bis 2.770 € /Monat brutto (A) bis 3.850 € /Monat brutto (B).
Der Deilmann-Skandal zeigt uns, dass wir künftig doppelt wachsam sein müssen, wenn es um die Definition dieses Anteils bei künftigen Bauvorhaben geht:
- Werden nur Wohnungstypen erstellt, die nach Ablauf der Preisbindung zu umso höheren Mieten an den Markt gehen oder handelt es sich auch um z.B. familiengerechten Wohnraum in begehrten Lagen?
- Wird mit dem SoBoMü-Instrument die Aufteilung unserer Stadt in einkommensschwache und einkommensstarke Stadtteile langfristig aufgeweicht oder zementiert?
Insofern hat die Causa Deilmann eben doch ein Gutes:
Sie schärft unseren Blick auf handelnde Investoren und zwingt uns zu einer qualitativen Konkretisierung der sozialen Bodennutzung in Münster, die letztlich allen Bürger*innen in unserer Stadt nutzen wird!
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