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Folgenden Offenen Brief hat die Ratsfraktion anlässlich des geplanten Verkaufs von Wohngrundstücken durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an die Münsteraner Bundestagsabgeordneten gerichtet:
 
 

Sehr geehrte Frau Klein-Schmeink,
sehr geehrte Herren,
nach dem Abzug der Britischen Rheinarmee aus Münster werden zwei weitere Kasernen von jeweils rd. 50 ha Größe in die zivile Nutzung überführt. Auch aufgrund ihrer städtebaulich integrierten Lage in den Stadtteilen Münster-Gremmendorf (York-Kaserne) und Münster-Gievenbeck (Oxford-Kaserne) stellen sie ein bemerkenswertes Potential für die städtebauliche und für die Innenentwicklung der Stadt dar. Wichtig für die Stadt sind auch die Wohnungen für Angehörige der britischen Streitkräfte: Insgesamt 1.200 Wohnungen, verteilt auf 18 Standorte im Stadtgebiet, stehen zum Verkauf und können in den städtischen Wohnungsmarkt integriert werden. Angesichts der herrschenden Knappheit an Wohnraum und dem ausgesprochenen Mangel an Wohnungen für Normalverdiener verspricht sich die Stadt eine deutliche Entlastung des Wohnungsmarktes. Rat und Verwaltung hoffen, dass der Verkauf der Grundstücke und Wohngebäude genutzt werden kann, um möglichst viele Haushalte mit Wohnraum versorgen zu können, die auf dem hochpreisigen Wohnungsmarkt der Stadt keine Chancen haben. Dazu gehören natürlich auch Studenten, denen der Münsteraner Wohnungsmarkt kaum Möglichkeiten für eine angemessene Versorgung bietet.
Um den Verkauf durch die BImA in die wohnungspolitisch erwünschten Bahnen zu lenken, hat der Rat der Stadt im Frühjahr 2012 entsprechende Leitbeschlüsse gefasst. Zu ihrer Information fügen wir den Beschlusstext diesem Schreiben bei (Anlage). Eine Konversionsvereinbarung, die zwischen Stadtverwaltung und BImA ausgehandelt worden war, hat der Rat zustimmend zur Kenntnis genommen. Sie verspricht, dass die wohnungspolitischen Interessen der Stadt mit den kaufmännischen Belangen der BImA, also der angemessenen Verwertung der Immobilien, in Einklang gebracht werden sollen (s. Anlage). Weitere Ratsbeschlüsse, die Ende 2012 gefasst wurden, ließen sogar die Erwartung aufkommen, dass die BImA dazu verpflichtet werden könnte,

  • einzelne Grundstücke direkt an die städtische Wohnungsgesellschaft „Wohn- und Stadtbau GmbH“ zu veräußern und
  • beim Verkauf weiterer Objekte den Verkehrswert als Obergrenze für den Kaufpreis zu akzeptieren.

Als positiv empfanden wir auch den im März 2012 gefassten Beschluss des Haushaltsausschuss des Bundestages, durch den deutschen Kommunen ein „Erstzugriffsrecht“ beim Verkauf von Konversionsflächen eingeräumt wurde (s. Anlage). Wie uns die Stadtverwaltung berichtete, wurde dieses „Recht“ in einem zweiten Schritt auf die mit Wohnungen bebauten Grundstücke im Umfeld der ehemaligen Kasernen ausgedehnt. Die Chancen, die Konversionsgrundstücke für wohnungspolitische Zielsetzungen der Stadt nutzen zu können, erschienen uns dadurch wesentlich verbessert.
Nun, da die BImA die ersten Wohngrundstücke an der Grawertstraße in einem Bieterverfahren an private Erwerber veräußert hat und ein weiteres Grundstück an der Jahnstraße in den Markt bringen will, macht sich bei uns jedoch Enttäuschung bemerkbar:

  • Der Verkauf erfolgt nur nach Höchstgebot und führt zu Kaufpreisen, die erheblich über den Verkehrswerten liegen.
  • Mit den Häusern in der Grawertstraße wurden baulich schlichte und stark modernisierungsbedürftige Wohngebäude zu „teilweise überhöhten Preisen“, wie selbst Siegfried Thielen, Konversions-Beauftragter der Stadt Münster, einräumte, von der BImA veräußert.
  • Bei der Jahnstraße soll ein Bodenpreis von mindestens 710,- € je qm Grundstücksfläche erlöst werden. Er liegt fast doppelt so hoch wie der Bodenrichtwert, der 370 € beträgt. Da die Grundstücke neu bebaut werden sollen, ist mit Gesamtkosten von mindestens 4.300 € je qm Wohnfläche zu rechnen! Dass die Kaufpreiserwartungen der BImA vom Markt nicht honoriert werden, damit rechnet in Münster keiner.

Diese Vorgänge stehen unseres Erachtens außerhalb jeder vernünftigen Relation – auch dann wenn die BImA ihren Verwertungsinteressen nachkommen muss. Wenn sie Schule machen, wird die Konversion in Münster nicht zur Beruhigung des Wohnungsmarktes und zur Verbesserung der Wohnungsversorgung für Normalverdiener führen, sondern die preistreibenden Tendenzen des Münsteraner Wohnungsmarktes noch weiter forcieren. Die Konversion wird ausschließlich zahlungskräftige Nachfrager und Investoren befriedigen, die Kaufpreise von über 4.000 € und Mieten ab 12 € je qm Wohnfläche für normal halten.
Preiswerte Wohnungen und Wohnbaugrundstücke für Jedermann, die uns im Zusammenhang mit der Konversionsvereinbarung als Ausgleich für hochpreisige Objekte versprochen wurden, sind nicht zu erblicken.
Wir schildern Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrte Herren Abgeordnete diese Angelegenheit so eingehend, weil wir uns von Ihnen Hilfe erbitten. Wir wollen

  • der Preistreiberei beim Verkauf der Konversionsgrundstücke Einhalt gebieten,
  • den Verkauf auf den Verkehrswert der Wohngrundstücke begrenzen und
  • bei neu zu bebauenden Grundstücken einen angemessenen Anteil der Flächen für öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau sichern.

Sie können uns dabei wirksam unterstützen. Zum Beispiel dadurch, dass Sie sich dafür einsetzen, dass das o. a. „Erstzugriffsrecht“ für Kommunen mit der Option verbunden wird, die Grundstücke zum Verkehrswert erwerben zu können. Am Beispiel der o. a. Objektes an der Jahnstraße haben wir berechnet, dass bereits dadurch die Herstellungskosten für neue Wohnungen um bis zu 1.000 € je qm Wohnfläche gesenkt werden könnten. Umgekehrt zeigt das Beispiel Jahnstraße auch, dass die BImA durch die Bindung an den Verkehrswert keinen Wertverlust ihrer Immobilien in Kauf nehmen müsste: Der Verkauf zum Verkehrswert entspricht kaufmännischen Gesichtspunkten und Interessen.
Natürlich bietet auch das Baugesetzbuch den Gemeinden Instrumente, um beim Verkauf von städtebaulich bedeutsamen Grundstücken preissenkend wirken zu können. Genannt sei hier das „preislimitierende“ Vorkaufsrecht (§ 28,3 BauGB). Allerdings ist die Nutzung dieser Instrumente bestimmten Fällen vorbehalten und sehr verfahrensaufwendig. Sie beinhaltet ein zudem ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Verkäufer und Gemeinde. Ein „preislimitierendes Erstzugriffsrecht“ für Konversionsgrundstücke wäre deshalb wesentlich zweckdienlicher.
Gern sind wir bereit, Ihnen unsere Argumente und unseren Vorschlag für eine wirtschaftlich und sozial ausgewogene Vermarktung von Konversionsgrundstücken in einem persönlichen Gespräch vorzutragen. Wir hoffen auf Ihr Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Hery Klas                                                      gez. Gerhard Joksch
 
Link:
Brief an die Bundestagsabgeordneten als PDF-Datei
20130201_klas-joksch__kleinschmeink-bahr-straesser-polenz_verkauf-wohngrundstuecke-durch-bima